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Heimatwerk Grafschaft Glatz
Heimatwerk Grafschaft Glatz e.V. (ehem. Glatzer Visitatur)

Minoritenkirche Glatz

Märtyrer der Grafschaft Glatz

Priester der Grafschaft Glatz im „Dritten Reich“

von Franz Heinsch

Im „Archiv [für schlesische Kirchengeschichte]“ 23 (1965), Seite 221-242, hatte Kurt Engelbert über Maßnahmen des „Dritten Reiches“ gegen Priester des Erzbistums Breslau berichtet. Hier soll das gleiche Thema für die Grafschaft Glatz behandelt werden, um der Zeitgeschichte zu dienen. Das von jeher zum Erzbistum Prag gehörige Generalvikariat Glatz zählte im Jahre 1941 55 Pfarreien und 9 Kuratien mit 160.000 Katholiken, d. h. 90% der Einwohner dieses Berglandes. Damals waren dort 104 Weltpriester und 35 Ordenspriester ansässig. Deshalb lag den Kreis- und Ortsgruppenleitern viel daran, die bei der vorwiegend ländlichen und traditionsgebundenen Bevölkerung starke Stellung der katholischen Geistlichkeit zu brechen und diese selbst einzuschüchtern. Daraus erklärt sich wohl die im Vergleich zu anderen Gegenden Deutschlands ungemein hohe Zahl der irgendwie bestraften oder vor Gericht und Amtsstellen zitierten Priester.

Die Grundlage für die folgende Zusammenstellung schuf der Mittelwalder Pfarrer Alois Berger (1961 in Heigenbrücken bei Aschaffenburg gestorben) in seiner wertvollen, leider nur in Maschinenschrift vervielfältigten „Übersicht über die Pfarreien und Kuratien der Grafschaft Glatz betreffend die Zeit von 1841-1946“, 131 Seiten. Manche Ergänzungen ließ mir Pastor Franz Berger in Kirchlengern zukommen. Spätere Zeiten werden aus dieser Zusammenstellung erkennen, daß die Priester der Grafschaft Glatz in schwerer Zeit, ihrer Pflicht getreu, Widerstand gegen Angriffe auf Glauben und Kirche geleistet haben. Das gilt auch für die anderen, hier nicht aufgezählten; denn es hing viel von den Ortsgruppenleitern, Bürgermeistern und Amtsvorstehern ab, ob sie eine Anzeige erstatteten oder manches geschickt „übersahen“.

  1. Berger, Alois (siehe Prälat Dittert Nr. 8). B. starb am 27.11.1961 in Heigenbrücken, Kr. Aschaffenburg.
  2. Berger, Franz, von 1936-1946 Kaplan und Pfarrvikar in Neurode, wurde fünfmal von der Geh. Staatspolizei verhört wegen Predigten, Vorträgen in der Kolpingsfamilie und seiner Weigerung, in die NSV einzutreten, solange die ihm entzogene Erlaubnis zum Religionsunterricht nicht wieder erteilt werde. Auch wurde ihm vorgeworfen, er habe Kinder öffentlich gerügt, weil sie wegen Hitlerjugenddienst nicht zur Sonntagsmesse gekommen seien. Bei einem dieser Verhöre schrie ihn ein Gestapo-Mann eine ganze Stunde lang hysterisch an, im Beisein von fünf Neuroder Parteigewaltigen.
  3. Bergmann, Wenzel, von 1922-1935 Pfarrer in Passendorf, hatte die Kirche von einem Maler aus dem nahen Braunau (Böhmen) ausmalen lassen. Wegen der Bezahlung geriet er zur Zeit der sogenannten Devisenprozesse in Schwierigkeiten mit den Nationalsozialisten, denen er ohnehin verhaßt war, weil er scharf und unerschrocken gegen sie auftrat, genauso wie er es vordem gegen die Sozialdemokraten gemacht hatte. Er starb Anfang 1935 an Gehirngrippe.
  4. Bernatzky, Rochus, von 1936-1946 Kuratus in Wölfelsgrund, Kr. Habelschwerdt. Gegen ihn schwebte ein Verfahren aufgrund des sogen. Heimtückegesetzes (Kanzelparagraph); diese Angelegenheit fiel jedoch unter eine Amnestie vom 11.5.1938. Im Jahre 1939 erfolgte gegen ihn eine Verwarnung der Gestapo wegen einer politischen Äußerung, 1941 eine weitere wegen Sakramentenspendung an einen Polen.
  5. Brauner, Eduard, seit 1924 Pfarrer in Königswalde, wurde dreimal von der Gestapo verhört, zuletzt für Dachau bestimmt. Der Zusammenbruch des Hitlerreiches rettete ihn vor diesem Elend.
  6. Charfreitag, Georg, von 1931-1942 Pfarrer in Neuwaltersdorf, wurde am 23.11.1935 von der Geh. Staatspolizei verhaftet, desgleichen der Patron der Kirche, Rittergutsbesitzer und Landesältester Carl Taube. (Über die Veranlassung zur Verhaftung und alles Weitere siehe Prälat Dittert, Nr. 8). Pfarrer Charfreitag starb am 14.4.1942 im Krankenhaus zu Habelschwerdt.
  7. Christoph, Leo, seit 1931 Generalvikariatssekretär (siehe Nr. 8).
  8. Dittert, Franz, von 1899-1937 Pfarrer in Mittelwalde, seit 1921 auch Großdechant und Generalvikar der Grafschaft Glatz.
    Am 23.11.1935, vormittags 9 Uhr, besetzte unerwartet die Geh. Staatspolizei die Eingänge des Pfarrhauses, bewachte im Zimmer des Kaplans Bruno Fischer (s. Nr. 11) diesen und seinen Conkaplan Alois Berger (s. Nr. 1) und führte im Generalvikariats-Büro eine Haussuchung durch, während welcher Prälat Dittert und besonders sein Sekretär Leo Christoph (s. Nr. 7) scharf bewacht wurden. Auch die in einem Hause am Marktplatz gelegene Privatwohnung des Sekretärs wurde durchsucht und bot dann durch die am Fußboden verstreuten Akten und Papiere einen wüsten Anblick. Im Büro wurde eine Reihe von Aktenbündeln beschlagnahmt. Sekretär Christoph wurde verhaftet; auch Prälat Dittert sollte in Haft genommen werden, obwohl er damals kränklich war. Der gerade zur ärztlichen Visite erscheinende Dr. med. Kronisch legte jedoch energischen Protest ein und erklärte seinen Patienten für haftunfähig. Deshalb wurde gegen den Prälaten nur Hausarrest verhängt. Die ganze Aktion im Pfarrhause dauerte bis gegen 15 Uhr. Den Kaplänen wurde strengstes Stillschweigen über alle diese Vorgänge auferlegt, widrigenfalls sie „staatspolizeiliche Unannehmlichkeiten“ zu erwarten hätten. In Neuwaltersdorf wurden am gleichen Tage der dortige Pfarrer Georg Charfreitag (s. Nr. 6) und Rittergutsbesitzer Carl Taube verhaftet, in Konradswalde der Pfarrer Petrus Tautz (s. Nr. 27). Taube war Amtsvorsteher in Neuwaltersdorf und hatte dem Ortspfarrer Kenntnis gegeben von kirchenfeindlichen Anordnungen der Geh. Staatspolizei. Pfarrer Charfreitag hatte von zwei solchen, gegen den kath. Jungmänner- Verband gerichteten Verordnungen zu dem ihn besuchenden Sekretär Christoph gesprochen, und dieser hatte, anschließend in Konradswalde weilend, besagte zwei Verordnungen auf der Schreibmaschine des Pfarrers Tautz (s. Nr. 27) in einigen Exemplaren abgeschrieben und sie daheim in Mittelwalde dem Großdechanten vorgelegt mit der Empfehlung, sie an die Bischöfliche Informationsstelle in Berlin weiterzuleiten. Das war auch geschehen; bei einer in Berlin stattfindenden Haussuchung fiel nun das entsprechende Schriftstück in die Hände der Gestapo.
    Die Verhafteten waren bis zum 27.11.1935 im Polizeigefängnis in Breslau. Pfarrer Tautz wurde dann wieder entlassen; die anderen brachte man nach Berlin zur dortigen Gestapo, welche Christoph und Taube in das Berliner KZ Columbia einlieferte. Am 3.12.1935 wurde Christoph in das Kellergefängnis der Gestapo in Berlin SW 11 verlegt, wohin Pfarrer Charfreitag gleich am Anfang gebracht worden war.
    Am 12.12.1935 brachte der „Völkische Beobachter“ folgende Notiz; „Die Geh. Staatspolizei nahm vor kurzem nach Verständigung des Herrn Reichs- und Preußischen Ministers für die kirchlichen Angelegenheiten eine Haussuchung in den Räumen der Bischöflichen Informationsstelle in Berlin vor. Der Geschäftsführer der Informationsstelle, Domkapitular Prälat Dr. Banasch, dessen Sekretär sowie einige Geistliche im Reiche wurden unter dem dringenden Verdacht des Verrates von Staatsgeheimnissen verhaftet. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.“ Der Haftbefehl für Pfarrer Charfreitag und Sekretär Christoph lautete:
    „Die Verhängung der Schutzhaft ist notwendig wegen unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.“
    Anscheinend vermutete die Gestapo, vom Generalvikariatsamt Mittelwalde würden über das Erzbischöfliche Amt in Prag Nachrichten, die das Nazi-Regime kompromittierten, ins Ausland geleitet; denn in den wenigen Verhören, die Sekretär Christoph nach seiner Verhaftung noch über sich ergehen lassen mußte, wurde immer wieder versucht, von ihm das Geständnis zu erpressen, daß die Mitteilungen des Informationsbüros u. a. m. nach Prag gesandt wurden. Das hat Christoph wahrheitsgemäß entschieden verneint.
    Der Mittelwalder Kaplan Alois Berger (s. Nr. 1) wurde vom November bis nach Weihnachten 1935 allem Anschein nach besonders beobachtet. Er mußte in diesen Wochen wiederholt in persönlichen Angelegenheiten nach Glatz fahren, und jedesmal nahm ein alle Merkmale eines Gestapo-Agenten tragender „Herr“ im gleichen Abteil Platz (einmal sogar drei!) oder stieg noch kurz vor Abfahrt des Zuges an anderer Stelle ein. Vielleicht hoffte man, Berger auf frischer Tat bei der Weitergabe von Nachrichten zu ertappen.
    Am 6.3.1936 wurden die Verhafteten, auch Dr. Banasch, und sein Sekretär Böse, ohne Gerichtsverhandlung und ohne Angabe von Gründen entlassen. Dem Sekretär Christoph wurde dann die Erlaubnis zur Erteilung von Religionsunterricht in der Schule entzogen. Auf seine Frage, warum das geschehe, erhielt er die Antwort, daß eine solche Maßnahme keiner Begründung bedürfe. Rittergutsbesitzer Carl Taube durfte nicht mehr länger Amtsvorsteher sein. Die beschlagnahmten Akten wurden nach längerer Zeit zurückgesandt.
    Prälat Dittert starb am 18.12.1937.
  9. Faber, Georg, von 1932-1938 Kaplan in Ludwigsdorf, wurde am 15.5.1934, mittags 12.30 Uhr, vom Bürgermeister im Pfarrhause verhaftet (wahrscheinlich auf Anordnung des Oberpräsidenten oder des Polizeipräsidenten Heines in Breslau). Bis zum Mittag des folgenden Tages wurde er im Ludwigsdorfer Spritzenhause eingesperrt. Der Bürgermeister war dabei freundlich zu ihm und ließ ihn mitnehmen, was er wollte. Anlaß zur Verhaftung war ein am 13.5. erschienener Artikel im „Arnestusblatt“, der religiösen Beilage des „Gebirgsboten“, den Faber unter dem Titel „Vor Pfingsten“ gegen Rosenberg und das neue Heidentum geschrieben hatte. Faber verlangte seine Freilassung, wobei er sich auf eine Bestimmung berief, daß Schutzhaft nur 24 Stunden dauern dürfe. Der Bürgermeister erbat sich telefonisch von Breslau neue Weisungen, worauf Faber tatsächlich am 16.5.1934 freigelassen und auf seine Bitten ins Pfarrhaus zurückbegleitet wurde. Inzwischen hatte nämlich eine von auswärts mit Lastkraftwagen herangebrachte SA-Horde, allerdings vergeblich, versucht, in das Spritzenhaus einzudringen, um Faber zu mißhandeln. Einer dieser fanatisierten SA-Männer schlug dann Faber, als er sich auf dem Heimweg befand, mit der Faust ins Auge. Der Name des Täters konnte festgestellt werden, und Kaplan Faber beschwerte sich über die rohe Mißhandlung, zunächst freilich ohne Erfolg. Erst nach dem Röhm-Putsch (Ende Juni 1934) wurde öffentliche Anklage erhoben, die jedoch zu keinem Ergebnis führte, weil der Täter der nach dem Tode Hindenburgs erlassenen Amnestie teilhaft wurde.
  10. Filla, Franz, Dr. phil., von 1940-1945 Pfarrer in Altheide, wirkte eine Zeitlang als Religionslehrer am Lyzeum und Gymnasium zu Glatz, verlor jedoch seine Stellung als Gymnasiallehrer, weil er in der Biologie nach katholischen und nicht nach nationalsozialistischen Grundsätzen unterrichtete. Er starb am 25.1.1945 in Altheide.
  11. Fischer, Bruno, von 1941-1946 Pfarrer in Rückers, wurde als eifriger Jugendseelsorger von der Gestapo verhaftet und nach Breslau zum Verhör geschafft. Das Jugendheim in Rückers wurde geschlossen und jegliche „Jugendarbeit“ verboten. – Er starb am 17.11.1963 als Pastor von Zetel (Oldenburg).
  12. Genossenschaft von den hl. Herzen Jesu und Mariae (SS.CC.). Sie hatte im Jahre 1927 in Falkenhain (zur Pfarrei Altwilmsdorf gehörig) die Missionsschule „Christus Rex“ gegründet, um Ordensnachwuchs heranzubilden. Die Zahl der Schüler wuchs im Laufe der Jahre auf 120, die von 12 Patres und einigen weltlichen Lehrkräften unterrichtet wurden. In der Nazi-Zeit wurde die Schule durch religionsfeindliche Erlasse, häufige Kontrollen usw. hart bedrängt und Ostern 1940 ganz aufgelöst. Im Sommer desselben Jahres beschlagnahmte die SS das ganze Haus bis auf die Kapelle und ein Zimmer, in dem ein Pater bleiben durfte, um die Kirche zu betreuen. In den übrigen Räumen wurden Umsiedler untergebracht.
  13. Günther, Hubert, seit 1935 in Glatz (Minoritenkloster), Jugendseelsorger des Generalvikariats Glatz, wurde 1935 wegen Verstoßes gegen den „Kanzelparagraphen“ zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Drei weitere Prozesse endeten mit Verwarnung. 14 Verhöre durch die Gestapo mußte er durchmachen und stand seit 1942 unter Aufsicht des Sicherheitsdienstes.
  14. Hattwig, Wilhelm, von 1937-1946 Kuratus in Lichtenwalde, war zuvor Kaplan in Kunzendorf a. d. Biele. Hier wurde er wegen seiner Tätigkeit in der Jugendseelsorge angezeigt und vor das Sondergericht in Glatz gestellt. Die Sache endete jedoch mit Freispruch.
  15. Heinsch, Augustinus, von 1927-1938 Pfarrer in Langenbrück, wo ihm ein nationalsozialistischer Lehrer viel Ärger und Schwierigkeiten machte. Deshalb bewarb er sich um die freigewordene Pfarrei Mittelsteine und wurde dort im Dezember 1938 eingeführt. Allein – er war sozusagen vom Regen unter die Traufe gekommen. Der Rektor der Mittelsteiner Volksschule ließ ihn dauernd durch Schulkinder bespitzeln und horchte sie aus, was der Pfarrer auf der Kanzel oder im Religionsunterricht gesagt habe. Mehrmals wurde Pfarrer Heinsch deswegen von der Gestapo verhört; zu einer Verurteilung kam es jedoch nicht, weil sich die Anklagen als nicht stichhaltig erwiesen. (Er war z. B. beschuldigt worden, während des Krieges öffentlich in der Kirche um den Sieg der Feinde gebetet zu haben. Bei der Verhandlung stellte es sich heraus, daß er während der Weltgebetsoktav [18.-25. Januar], wie allgemein üblich, mit den Gläubigen gebetet hatte, es möchten doch die getrennten Brüder in Ost und West sich in Liebe und Frieden wieder zusammenfinden.) Am 14.2.1941 wurde er jedoch von der Gestapo gezwungen, sofort seine Pfarrei zu verlassen, weil angeblich seine Tätigkeit in der Gemeinde „aufspaltend“ wirke. Er bekam Aufenthaltsverbot für Schlesien und das Sudetenland. Deshalb begab er sich zunächst nach Berlin, von wo ihn sein Studienfreund, Pfarrer Radek in Stralsund, zu sich holte, weil seine beiden Kapläne zum Heeresdienst eingezogen waren. Ihm half nun der Verbannte nach Kräften in der schweren Diaspora-Seelsorge. Natürlich wurde er auch in Stralsund von der Gestapo überwacht und wieder einmal vorgeladen, weil er in einem Rundbrief an die Eltern der Erstkommunikanten gemahnt hatte, in einer Zeit, in der mächtige Feinde die Kirche bekämpfen, besonders wachsam zu sein. Man sah darin einen heimtückischen Angriff auf das Regime und verurteilte Pfarrer Heinsch zur Entrichtung eines hohen „Sicherheitsgeldes“, das er bei guter Führung nach einer bestimmten Zeit zurückerhalten sollte, das er aber nie wiedergesehen hat. Nach Kriegsende war ihm die Heimkehr nach Mittelsteine wegen der katastrophalen Verkehrsverhältnisse nicht möglich. So starb er fern der Heimat am 2.2.1946 ganz plötzlich und unerwartet.
  16. Hirschfelder, Gerhard, Kaplan in Habelschwerdt, war als eifriger Jugendseelsorger der Partei besonders verhaßt. Am 1.8.1941 wurde er während einer Jugendseelsorgestunde verhaftet, Nach 4½ Monaten Untersuchungshaft in Glatz, ohne Verhandlung und ohne förmliche Verurteilung, wurde er von der Gestapo über Wien, wo er Weihnachten in einem Gefängnis „feierte“, in das KZ Dachau geschleppt. Genau ein Jahr nach seiner Verhaftung, am 1.8.1942, starb er dort (laut Bericht der Lagerleitung) an Lungenentzündung mit Tb. Nach einigen Wochen erhielten die Angehörigen in Sackisch eine Urne mit Asche mit dem Bemerken, die Leiche des Kaplans sei verbrannt worden. Die Urne wurde in einem Sarge auf dem Friedhof von Tscherbeney, wo er auch Kaplan gewesen war, unter großer Beteiligung von Klerus und Volk beigesetzt. Eine Grabrede hatte die Gestapo ausdrücklich verboten.
  17. Jesuiten. Um das Jahr 1925 erwarben die Jesuiten Grundstücke des Lüttwitz-Hofes in Mittelsteine und errichteten dort das St.- Josefs-Haus als Noviziat für den deutschen Osten. Am 3.9.1940 beschlagnahmten die Nationalsozialisten den größten Teil des Hauses, um darin umgesiedelte Volksdeutsche unterzubringen. Der damalige Rektor P. Pies ging mit den Novizen in das Exerzitienhaus Hoheneichen in Dresden-Hosterwitz. In Mittelsteine blieben nur ein Pater und einige Brüder zurück, die die Wirtschaft weiterführen sollten. Am 15.4.1941 wurde jedoch das St.-Josefs-Haus endgültig aufgelöst und der ganze Besitz eingezogen. Bis auf drei Brüder, die dienstverpflichtet wurden, mußten alle Jesuiten fort. Im Mai 1941 wurde auch die „Ausweichstelle“ des Noviziates in Dresden von der Gestapo geschlossen und enteignet. Bei dieser Gelegenheit wurde P. Pies verhaftet und in das KZ Dachau gebracht. Er selbst hat später, nach seiner Befreiung durch die Amerikaner, erklärt, der Hauptanlaß zu seiner Verhaftung sei wohl der Protest gewesen, den er gegen die Beschlagnahme des Dresdner Hauses eingelegt hatte. Der tiefere Grund dafür dürfte aber wohl die Tatsache gewesen sein, daß P. Pies mit seinen Novizen, die nun Soldaten waren, in regem Briefwechsel stand.
    Im sogenannten „Gläserberghaus“ in Thanndorf verlebten alljährlich einige Jesuiten-Patres aus Mittelsteine mit einer Anzahl ihrer 12-16jährigen Schüler die Sommer-, Herbst- und Weihnachtsferien. In einer Nacht im August 1934 überfiel eine wilde Horde von SA- und SS-Leuten, angeführt von dem damaligen Amtsvorsteher des Amtsbezirkes Mittelwalde, das Gläserberghaus. Sämtliche Bewohner wurden jäh aus dem Schlaf gerissen, die Patres, Schwestern und Schüler verspottet und mißhandelt. Einige Schüler waren halbbekleidet in den nahen Wald geflüchtet und mußten die ganze Nacht im Freien zubringen. Unterdessen plünderten und tobten die Parteileute und verließen erst am Morgen den Tatort ihres Verbrechens, wobei sie die Bibliothek der Schüler mitnahmen. In der Folgezeit endeten 4 der Mitschuldigen durch Selbstmord oder durch Unglücksfall, darunter auch ihr Anführer. Besagter Amtsvorsteher wurde im Frühjahr 1935 am Abhange des Gläserberges, in einem kleinen Wassergraben liegend, tot aufgefunden. In der ganzen Gegend sah man darin ein Gottesgericht.
    P. Werner Mende S. J., der während des Krieges längere Zeit den Neuroder Geistlichen in der Seelsorge half, entging nur mit Hilfe von guten Freunden zweimal einer Verhaftung durch die Gestapo.
  18. Jünschke, Hermann, seit 1928 Pfarrer in Lewin, ein überaus vornehmer und gütiger Mensch, voll stiller Wohltätigkeit gegenüber Notleidenden. Es war seine Art, überall zu vermitteln. Dies versuchte er auch noch 1933 gegenüber den Leuten von der NSDAP; er wurde aber bald von diesen schmählich betrogen und in Versammlungen an anderen Orten der Grafschaft Glatz öffentlich beschimpft.
  19. Kapaun, Erich, seit 1945 Pfarrer in Wilhelmsthal, wurde während seiner Kaplanszeit in Rückers (1936-1939) und Landeck (1939-1945) fünf- oder sechsmal von kirchenfeindlichen Personen bei der Gestapo denunziert und von derselben verhört. Vor dem Konzentrationslager blieb er nur durch das vermittelnde Bemühen eines ruhiggesinnten Gestapo-Mannes in Breslau verschont.
  20. Karger, Rudolf, seit 1940 Pfarrer in Gabersdorf, wurde wiederholt von der Geh. Staatspolizei vorgeladen und schließlich zu 1000,- Mark „Sicherheitsgeld“ verurteilt.
  21. Klein, Robert, wurde als Pfarrer des vielbesuchten Wallfahrtsortes Albendorf (seit 1926), wo zwischen 1924 und 1938 auch öfters große Männer- und Jugendwallfahrten stattfanden, von der Gestapo natürlich besonders überwacht. Angezeigt wegen Unterhaltungsabenden, die er mit der Marianischen Kongregation, der Jugend und der Kolpingsfamilie veranstaltet hatte, wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt. Vereinsbeiträge über 100,- Mark, auch solche für den Missionsverein, wurden eingezogen. Wegen einer Jahresschlußpredigt 1938 kam es zu neuen gerichtlichen Verhandlungen. Bei Ausbruch des Krieges wurde er jedoch „amnestiert“. Er starb am 25.7.1963 als Pastor von Münchehagen (Diözese Hildesheim).
  22. Langer, Adolf, seit 1940 Pfarrer in Habelschwerdt. Auch ihm machten die Nationalsozialisten viel zu schaffen. Im Jahre 1944 störten sie die Fronleichnamsprozession, sie drängten die Parteimitglieder, aus der Kirche auszutreten, den „Armen Schulschwestern“ wurde der Kindergarten genommen, und auch die von ihnen geleitete Mädchen-Mittelschule sollte geschlossen werden; nach langwierigen Verhandlungen erreichten sie jedoch, daß sie weiter als Lehrerinnen tätig sein durften, aber die Leitung der Schule kam in die Hände eines Parteigenossen. – Ein alter Bildstock („Krönung Mariens“), der am Wege nach Hohndorf stand, wurde von Angehörigen der Hitler-Jugend zerstört. Besonders schmerzlich für Pfarrer Langer war aber die Verhaftung und das traurige Ende seines Kaplans Gerhard Hirschfelder (s. Nr. 16).
    Langer starb am 6.6.1965 in Beverbruch/Oldenburg.
  23. Leister, Konrad, seit 1940 Pfarrer in Voigtsdorf, wurde wiederholt von der Geh. Staatspolizei verhört und schließlich wurde ihm verboten, weiterhin Religionsunterricht in der Schule zu erteilen.
  24. Monse, Franz, Dr. theol., seit 1921 Pfarrer in Glatz, seit 1938 auch Großdechant und Generalvikar der Grafschaft Glatz, Apostol. Protonotar, Archidiakon, Ehrendomherr an der Domkirche zu Breslau.
    Über seine Erlebnisse in der Hitlerzeit hat er selbst folgendes geschrieben: „Mehrere Verhöre des Kaplans Günther (s. Nr. 13) vor der Geh. Staatspolizei. – Ich selbst wurde zu 3000,- RM Geldstrafe verurteilt wegen Verwendung angeblich zweckgebundener Gelder für das kath. Gemeindehaus (Reichsgarten) anstatt für die Außenrenovation der Dekanatskirche. Es war ein Racheakt des Oberglöckners P. W., den ich an seine kirchenamtlichen Pflichten erinnern und dem ich auch sämtliche Kollekten- und Klingelbeutelgelder bzw. deren Verwaltung entziehen mußte. W. war unter meinem Vorgänger Skalitzky als Militäranwärter angestellt worden. Er hielt sich nur dem Staat verpflichtet, nicht der Kirche. Parteigenosse und intimer Freund des Nazikreisleiters Kittler. Er versäumte den Gottesdienst, kümmerte sich nicht um seine Oberglöcknerdienste, fuhr aber während des sonntäglichen Gottesdienstes den Kreisleiter durch die Grafschaft. Man hatte es auf eine Verächtlichmachung der Kirche abgesehen, indem man den Generalvikar schlagen wollte. Ein Jahr später wurde W. von der Partei selbst aufgegeben, wegen Untreue, Amtsunterschlagung usw. mit Zuchthaus bestraft.“ Prälat Dr. Monse starb am 24.2.1962 und wurde auf dem Domherren-Friedhof in Osnabrück beerdigt.
  25. Scholz, Alfons, seit 1939 Pfarrer in Langenbrück, wurde vor die Gestapo in Breslau und Glatz gerufen, weil er für etwa 9 französische Kriegsgefangene eine Sonntagsmesse gehalten hatte. Die Sache verlief aber glimpflich, da er das – anfänglich nicht bestehende – Verbot einfach übersehen hatte.
  26. Taube, Johannes, seit 1943 Pfarrer in Rengersdorf, hatte sich während seiner Kaplanszeit in Ludwigsdorf und Glatz wegen seiner eifrigen Seelsorgsarbeit an der katholischen Jugend der Partei mißliebig gemacht. Er war 1937/38 ein Vierteljahr in Breslau in Untersuchungshaft, wurde dann aber ohne Urteil entlassen.
  27. Tautz, Petrus, seit 1934 Pfarrer in Konradswalde, wurde am 23.11.1935 von der Gestapo verhaftet, weil sie den Verdacht hegte, er sei in die Angelegenheit verwickelt, derentwegen am gleichen Tage andere Priester der Grafschaft Glatz in Haft genommen wurden. (Näheres s. Nr. 8.)
  28. Tschitschke, Maximilian, seit 1911 Pfarrer in Voigtsdorf, war seit 1925 Vorsitzender der Zentrumspartei des Kreises Habelschwerdt. Die Nationalsozialisten waren weithin mit heftigem Zorn gegen ihn erfüllt wegen seiner Tätigkeit gegen deren Machtergreifung.
  29. Wache, Georg, Msgr., seit 1919 Pfarrer in Neurode, wurde wegen seiner Trauerrede bei der Beerdigung der Opfer des großen Grubenunglücks vom 10. Mai 1940 vor die Gestapo geladen. Er hatte dabei gewagt zu erwähnen, daß Sonn- und Feiertagsarbeit keinen Segen bringe und dann von den Toten gesagt: „Nun haben sie Ruh!“
  30. Wengler, Georg, seit 1940 Pfarrer in Eckersdorf, wurde in 9 Fällen wegen seiner Predigten für die Jugend von der Gestapo verhört. Zu einer Verurteilung ist es jedoch nicht gekommen.

Quelle: „Archiv für schlesische Kirchengeschichte“ Band 26, August Lax Verlagsbuchhandlung, Hildesheim 1968, S. 279-288

 

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