Logo

Heimatwerk Grafschaft Glatz
Heimatwerk Grafschaft Glatz e.V. (ehem. Glatzer Visitatur)

Minoritenkirche Glatz

Aktuelles

Domkapitular em. und Propst i.R.
Josef Kuschel heimgegangen

Josef Kuschel

Josef Kuschel wurde am 20. Mai 1940 in Steinwitz (Kreis Glatz) geboren. 1947 wurde die Familie aus der schlesischen Heimat vertrieben. In Merseburg fanden sie eine neue Heimat.
Am 29. Juni 1966 wurde Josef Kuschel in St. Sebastian in Magdeburg zum Priester geweiht. Bischof Leo Nowak berief ihn 1990 als Propst in die Propstei St. Sebastian. Ab 1995 gehörte er dem neu geschaffenen Kathedralkapitel als residierender Domkapitular an. Im Jahr 2010 ging Josef Kuschel in den wohlverdienten Ruhestand.
Seit der Wiedervereinigung organisierte Josef Kuschel insgesamt 25 Grafschaft Glatzer Heimattreffen in Magdeburg, die zahlreich besucht wurden und in St. Sebastian sowie zuletzt im Roncalli-Haus stattfanden. Auch Glatzer Landsleute aus der Patenstadt Braunschweig nahmen regelmäßig teil.
Propst Josef Kuschel lebte in schlichter Einfachheit, Selbstverständlichkeit und unerschöpflichem Humor. Am 26. Mai 2022 verstarb Josef Kuschel im Alter von 82 Jahren. Der barmherzige Gott vollende ihn nun in seiner Herrlichkeit.
Seine Grafschafter und schlesischen Landsleute werden ihn sehr vermissen und stets in guter Erinnerung behalten.

 
Nachruf

Josef Kuschel wurde am 20. Mai 1940 in Steinwitz, Kreis Glatz, geboren. Hier wurden ihm eine tiefe Marienverehrung und der Glatzer Mutterwitz in die Wiege gelegt. In Folge des Zweiten Weltkrieges musste die Familie 1947 die schlesische Heimat verlassen. In Merseburg fanden sie eine neue Heimat. Er besuchte ab 1956 das Bischöfliche Vorseminar in Schöneiche, in dem er vier Jahre später das Abitur erwarb. Das Theologiestudium absolvierte er bis 1965 im Priesterseminar in Erfurt. Am 29. Juni 1966 wurde er in St. Sebastian in Magdeburg zum Priester geweiht und war danach als Vikar tätig. 1981 berief ihn Bischof Johannes Braun als Seelsorger in das Neubaugebiet Magdeburg-Nord. Hier erwartete ihn der Aufbau der Gemeinde, der Kirche sowie des Pfarrhauses. Josef Kuschels „Dienstkleidung“ waren Latzhose und Gummistiefel.

Bischof Leo Nowak berief Josef Kuschel 1990 als Propst in die Propstei St. Sebastian. Innerhalb des Bistums und weit darüber hinaus nahm er vielfältige Aufgaben wahr. So war er Ansprechpartner für die kommunalen Behörden und Einrichtungen, Vorsitzender des Kuratoriums der Telefonseelsorge und Mitglied im Kuratorium des Ökumenischen Domgymnasiums. Er arbeitete im Gedenkstättenbeirat Stiftung „Gedenkstätten Sachsen-Anhalt“ sowie im Förderverein „Neue Synagoge“ mit. Josef Kuschel war Gründungsmitglied des Caritasverbandes für das Dekanat und die Stadt Magdeburg und wirkte über 20 Jahre als dessen Vorsitzender. Ab 1995 gehörte er dem neu geschaffenen Kathedralkapitel als residierender Domkapitular an. Im Jahr 2010 ging Josef Kuschel in den wohlverdienten Ruhestand und zog in das Adelheid-Haus. Die Abkürzung „i.R.“ verstand sich für ihn als „in Reichweite“. So war er überall dort, wo seine Hilfe gefragt war, und übernahm gern priesterliche Dienste. Im Auftrag des Bischofs betreute er bis 2017 die pensionierten Mitbrüder und hielt mit ihnen regelmäßig Kontakt.

Propst Josef Kuschel lebte in schlichter Einfachheit, Selbstverständlichkeit und unerschöpflichem Humor. Die Tür seines Herzens und seiner Wohnung stand dafür bis zuletzt stets offen, getreu unterstützt von seiner Haushälterin und Mitarbeiterin Maria Stief. Am 26. Mai 2022 verstarb Josef Kuschel. Der barmherzige Gott vollende ihn nun in seiner Herrlichkeit.

Dr. Gerhard Feige, Bischof

Requiem † Josef Kuschel, 3. Juni 2022
Offbg 21,1-5a – Mk 16,1-7

Als ich den Nachruf unseres Bischofs für unseren Mitbruder, den Propst, Pfarrer, Domkapitular und Pfarrer Josef Kuschel las, wurde mir erneut so richtig das Ausmaß der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder und Aufgaben bewusst, die er im Laufe seines Lebens wahrgenommen hat. Mit großer Selbstverständlichkeit und Einsatzbereitschaft hat er sich zur Verfügung gestellt. Ob zur DDR-Zeit als Pfarrer im unzugänglichen Grenzgebiet oder beim Aufbau der Kirche St. Mechthild hier in Magdeburg. Er war allezeit bereit zu helfen, wenn er gerufen wurde. In der Wendezeit war sein politisches Engagement gefragt und als Propst von St. Sebastian war er Ansprechpartner für die kommunalen Behörden. Er engagierte sich für die Ökumene und war aktiv im Förderverein „Neue Synagoge“.

Als Vikar in Merseburg habe ich ihn in den 60er Jahren schätzen gelernt. Auf Josef Kuschel konnte man sich stets verlassen. Das alles wird in seinem Nachruf deutlich und muss hier nicht wiederholt werden. Wenn es dennoch erwähnt wird, dann liegt die Betonung auf Dankbarkeit. Ehrliche Dankbarkeit wird im alltäglichen Umgang oft vernachlässigt. Dabei ist nichts selbstverständlich. Oftmals wird uns der Wert und das Leben eines Weggefährten erst richtig bewusst, wenn wir an seinem Sarge stehen. Angesichts des Todes von Josef Kuschel feiern wir auch deshalb Eucharistie. Dankbar sind wir für sein Leben, für seine Fröhlichkeit und sein Wohlwollen gegenüber vielen Menschen. Gottes Menschenfreundlichkeit zeigt sich, wenn Menschen einander Gutes tun.

So wie ich ihn kenne, hat Josef Kuschel versucht, das Evangelium auf seine Weise zu leben und in die Tat umzusetzen. Das Evangelium ist ja so eine Art Motor, der das Leben ankurbelt und bewegt.

Ist es vermessen die Worte der Lesung „ich Johannes sah einen neuen Himmel und eine neue Erde...“ auf Josef Kuschel zu übertragen? Ist das nicht das, was bei allem Kummer und Leid, bei allen Nöten und Ängsten, innerhalb und außerhalb der Kirche und auch im eigenen Leben von uns erwartet wird, nämlich glaubwürdig zu verkünden, dass wir auf eine Zukunft zugehen, die schon jetzt beginnt, da alles neu wird? Keine Trauer mehr, keine Klage, keine Mühsal? Der Tod wird nicht mehr sein und Gott wird bei uns sein? Ist das alles nur Träumerei und Hirngespinst? Möchtest du das glauben? Kannst du begreifen, dass das deine und meine Zukunft ist und auch die von Josef Kuschel? Und dass ich deshalb zu gern beim Anfang unserer Lesung den Namen Johannes ersetzen möchte mit „Ich, Josef Kuschel sah einen neuen Himmel und eine neue Erde“ ...

Das ist die Botschaft, die er verkündet hat im Auftrag dessen, der das Alpha ist und das Omega, der Anfang und das Ende. Die frohe Botschaft von einer Welt, in der Friede keine Floskel ist und wo die Gerechtigkeit wohnt?

Für viele Menschen aber ist Kirche, wenn überhaupt nur zuständig für das Jenseits und für eine weltfremde Sexualmoral. Kirche, so die gängige Auffassung, vertröstet die Menschen auf ein Jenseits, das es natürlich nicht gibt. Mit dem wirklichen Leben hat das alles nichts zu tun. Die Kirche macht den Menschen etwas vor. Und unser Wort aus der Lesung mit der Verheißung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde scheint diese Überzeugung noch zu verstärken. Das alles sind nur Ammenmärchen und unrealistische Vertröstungen auf ein Jenseits, das es in Wirklichkeit natürlich nicht gibt. Menschen, die der Wirklichkeit des Lebens in die Augen schauen und mit beiden Füßen auf dem Boden der Realität stehen, brauchen keine Vertröstungen auf ein Jenseits.

Josef Kuschel zählt wohl nicht zu denen, die mit großen Worten die harte Wirklichkeit und das reale Leben überspielten. Aufgrund seiner Glaubensüberzeugung hat er vielmehr versucht dem Leben auf die Beine zu verhelfen. Aufgrund seines Glaubens hat er gehandelt. Glaube war für ihn Wort und Tat zugleich.

Darauf gibt auch das österliche Evangelium, das wir soeben hörten, eine klare Antwort. Österlicher Glaube ist Auferstehungsglaube. Österlicher Glaube ist Aufforderung zum Leben: Steh auf, sitze nicht herum. Mach keine großen Worte, sondern handle. Tu, was du kannst und vertraue darauf, dass der Himmel offensteht, der neue Himmel und die neue Erde. Wir werden nach Galiläa gesandt. „Wo die Güte ist und Sie gehören zu uns die Liebe, da ist Gott! Da ist Galiläa.“ Bei den Schwachen und den Armen, bei denen, die vom Leben nichts haben, da können wir ihm begegnen. Wo die Hoffnung einen festen Platz hat und wir von der Verheißung des neuen Himmels und der neuen Erde nicht lassen können, dahin lasst uns aufbrechen. Eben nicht erst Im Jenseits, sondern schon hier und jetzt, heute und morgen. Wir gehen der Fülle des Lebens entgegen. Jeder Schritt in diese Richtung ist der Beginn einer neuen Wirklichkeit.

Glaube, Hoffnung und Liebe bilden eine Einheit. Das eine kann ohne das andere nicht sein. Liebe nur mit Worten ist keine Liebe. Glaube nur als Vertröstung ist kein echter Glaube und Hoffnung ohne Zukunft verliert sich in undurchsichtigem Nebel. Der neue Himmel und die neue Erde sind Verheißungen, die schon jetzt beginnen.

Josef Kuschel ist uns vorausgegangen. Vorausgegangen nach Galiläa. Dort wird er ihn schauen und dort wird er ihn finden, Jesus, den Christus, unseren geliebten Bruder und Herrn, den neuen Menschen, den geliebten Sohn des Vaters. Ihm sei die Ehre und Herrlichkeit, jetzt und in Ewigkeit.

Leo Nowak, Bischof em.

Aus: Rundbrief 2/2022

 

zurück